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  • AutorenbildLutz Jäkel

Mit Demokratiefeinden für die Demokratie!

Am 18. November 2020 kamen rund 9000 Demonstrierende nach Berlin. Sie protestierten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung und vor allem gegen die Abstimmung im Bundestag und Bundesrat über die Gesetzesänderung im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes. Von Teilnehmern dieser sogenannten Corona-Demonstrationen wird in der Regel der friedliche Charakter hervorgehoben und oft behauptet, Rechte oder gar Rechtsradikale habe man keine gesehen. Doch auch am 18. November waren, wie immer, auch auf dieser Demonstration bekannte und sehr bekannte Gesichter der rechten bis rechtsradikalen Szene unter den Demonstrierenden. Ein paar Beispiele.


Hansjörg Müller. AfD Bundestagsabgeordneter. Hielt eine Rede vor dem Brandenburger Tor, sprach vom Ermächtigungsgesetz, den Marionetten der Regierung, von der Errichtung eines totalitären Regimes, wie "wir es schon einmal hatten", vom "Unrechtsregime" Merkel. Wie gesagt, dieser Mann sitzt im Bundestag (der Journalist Felix Huesmann hat dazu auf Twitter ein Video veröffentlicht: https://bit.ly/3kKpfni)

Udo Voigt. Rechtsextremer Politiker, ehemaliger Parteivorsitzender der NPD, von 2014 bis 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Vorbestraft wegen Volksverhetzung.


Nikolai Nerling (unten links). Rechtsextremer Antisemit und Holocaust-Leugner, nennt sich selbst "Der Volkslehrer", er war mal Lehrer, wurde vom Schuldienst suspendiert. Nach der öffentlichen Verharmlosung des Holocaust in der KZ-Gedenkstätte Dachau wurde Nerling im Dezember 2019 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf dem Foto erkennt man seinen gefakten Presseausweis ("Freie Presse", die gibt es als Institution nicht, nur eine Leipziger Zeitung heißt so. Die Presse in Deutschland ist per Grundgesetz frei.) Reza Begi (Mitte). Holocaustleugner, Antisemit und Reichsbürger. Markenzeichen: Gefühlt auf JEDER Demo dabei, läuft mit einem Megafon durch die Reihen und verkündet seine kruden Ideologien. Niemand hört so richtig zu, stört ihn aber nicht. Begi war der Mann mit der Reichsbürger-Mütze auf Todenhöfers Kundgebung am Brandenburger Tor. Matthaeus Westfal (unten rechts). Bekannter rechter YouTuber, bekannt als "Aktivist Mann", auch auf jeder Demo dabei, z.B. beim "Happening" auf den Reichstag Ende August.



Stefan Bauer (rechts). War AfD-Vorstandsmitglied im bayerischen Rosenheim. Mit einem Medienteam ist er zu einem Art Hofberichterstatter der rechten Szene geworden, filmt auf fast jeder Corona-Demo. Markenzeichen: Provokation und Bedrängen von Journalistinnen und Journalisten auf Demos.



Name unbekannt (unten links). Aber AfD, soweit ich jedoch sehe, kein Bundestagsabgeordneter (konnte ihn auf der AfD-Bundestags Website nicht finden). Er war im Sperrbereich. Er hält ein Plakat mit einem durchgestrichenen Grundgesetz in der Hand. Mit solchen Plakate provozierten Abgeordnete der AfD-Bundestagsfraktion während der Abstimmung im Bundestag zur Gesetzesänderung.

Heiko Scholz (unten rechts). Hessischer AfD Landtagsabgeordneter. Er war im Sperrbereich, hat sich mit Demonstranten unterhalten, wie hier, sich mit ihnen herzlich umarmt. Ohne Maske unterwegs gewesen. Was auch total abgefahren ist: Die Frau in der Mitte auf dem Foto trägt eine Jacke von SEA SHEPHERD, der internationalen Meeresschutzorganisation! Und himmelt dann einen AfDler an.


Rechts Mann mit Hipster-Bart (Foto links), ein rechter Youtuber, ich kann mich aber an seinen Namen nicht erinnern. Er filmte vor allem die ganze Zeit Sebastian Verboket (Foto rechts, Mitte, junger Mann mit erhobenen Händen und Selfiestick). Verboket ist ein rechter YouTuber, vor allem sehr aktiv auf Telegram mit rund 48.000 Followern. Er betreibt dort die Seite bzw. Gruppe "Fakten Frieden Freiheit" (Fakten - schön wär's). Das Portal netzpolitik.org nennt ihn einen "perfekten Verschwörungstheoretiker". So verbreitete er nach dem Attentat in Hanau, bei dem neun Menschen ermordet wurden, ein Video, in dem er behauptet, das ganze sei eine "False Flag", mit Rassismus könne das nichts zu tun haben, da müsse etwas größeres dahinter stecken: "Glaubt nicht alles, was ihr im Fernsehen seht, recherchiert selber!". Verboket stand, wie auf dem Foto zu sehen, in vorderster Reihe der Demonstranten und wehrte sich vehement gegen die Räumung der Polizei. Er filmte sich dabei selbst und wurde vom Hipster-Bart-Mann namentlich angefeuert, die beiden kennen sich offenbar. Damit inszenierten sie Videos über die Räumung, um besonders dramatische Bilder zu bekommen. Verboket stellte später ein halbstündiges Video zu dieser Räumung auf seinem Telegram-Kanal online, bei dem man durch die Kommentare und Bilder den Eindruck gewinnen kann, Verboket berichte von einem Kriegsschauplatz.


Andreas Kalbitz (links). Rechtsradikaler Politiker, ehemaliger AfDler. Kalbitz stellt sich vor einem Wasserwerfer den Fotografen (die solche Motive gerne annehmen, ich auch).


Martin Lejeune (Mitte, beim Interview von Andreas Kalbitz). Ehemaliger Journalist, durchgeknallter Aktivist, mal links, mal rechts, mal beides. Muslimischer Konvertit, galt mal als eine Art "Hamas-Pressesprecher", Erdogan-Fan (ist aber, soweit ich das mitbekommen habe, auch schon wieder vorbei). Aktuell Querdenker und der rechten Szene sehr zugeneigt. Trägt nie Maske (habe ihn schon auf einigen Corona-Demos gesehen).


Armin-Paulus Hampel. AfD Bundestagsabgeordneter. Suchte auch für einige Minuten das Bad in der Menge. Keine Maske, kein Abstand. Kaum zu glauben, aber Hampel war mal Parlamentskorrespondent des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin, von 2003 bis 2008 Auslandskorrespondent und Leiter des Südasien-Studios der ARD in Neu-Delhi. Tja.


Mann mit dem Daumen nach unten: Name unbekannt. Aber: Reichsbürger, im Umfeld des rechtsradikalen Vegan-Kochbuchautors Atilla Hildmann. Kenne ich schon länger vom Sehen. Der freundliche Mann drohte mir im Sommer 2020 bei einer Demo, mit Leuten wie mir, also Journalisten und Fotografen, sei es vorbei, wenn sie an der Macht seien.


Richard Houdershell aka Rick Wegner (der Mann in der beigefarbenen Jacke). Pegida-Aktivist, Krafttrainer, Mitglied im Bund Deutscher Patrioten, Kumpel von Atilla Hildmann, saß in den USA wegen Mordes für 15 Jahre im Knast. Häufig bei Corona-Demos dabei.

Und dann war da noch das, ich nenne es mal: Fußvolk, die diesen in der Szene bekannten Gesichtern zujubelte, sich anfeuern ließ durch die Parolen und gerne Selfies machte. In diversen Telegram Channels ist zu lesen, dass es egal sei, wer mitdemonstriere, selbst wenn es Nazis seien, auch die seien willkommen, schließlich stehe man für ein gemeinsames Ziel ein: für "Freiheit, Frieden, keine Diktatur!"

Mit Rechten und Rechtsradikalen für die Demokratie und Freiheit auf die Straße gehen. Sie glauben das vermutlich wirklich. Ach, und nicht zu vergessen, wer auch immer dabei war, bevor er sich wegen eines internationalen Haftbefehls in die Türkei abgesetzte: Der rechtsradikale Antisemit Attila Hildmann.


Cartoon © Guido Kühn

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