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  • AutorenbildNadine Pungs

Sachliche Informationen zum Schwangerschaftsabbruch


Wegen Paragraf 219a des Strafgesetzbuches dürfen Ärzte und Ärztinnen nicht über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Aber wir dürfen.

Die Ärztin Kristina Hänel wurde kürzlich wegen Paragraf 219a des Strafgesetzbuches rechtskräftig verurteilt. Der Paragraf verbietet sogenannte „Werbung für den Abbruch einer Schwangerschaft“. Ärzte und Ärztinnen dürfen zwar in der Öffentlichkeit „auf die Tatsache hinweisen“, dass sie Abtreibungen anbieten, nicht aber darauf, welche Methoden sie anwenden. Hänel allerdings habe auf ihrer Homepage darüber informiert, wie Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen würden, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt und verwarf damit Hänels Revision. In dem Beschluss heißt es, dass bereits sachliche Informationen über das „Ob“ und das „Wie“ des Schwangerschaftsabbruchs unter Strafe gestellt sind. Auskünfte zu Methoden sind also grundsätzlich verboten, wenn sie von Ärzten und Ärztinnen stammen, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Bei Verstoß droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldbuße.

Das Urteil hat direkte Konsequenzen für Hänel: „Nun bin ich leider gezwungen, meine Informationen von der Webseite zu nehmen, sonst wäre ich am Ende finanziell ruiniert. Aber, wichtig: Alle Personen, die KEINE ABBRÜCHE MACHEN, dürfen über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Bitte tut das jetzt!“, schrieb sie auf Twitter.


Hänel hat mittlerweile Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Dort soll nun überprüft werden, ob der Paragraf 219a mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Auf ihrer Homepage sagt Hänel: „Ich halte es für meine ärztliche Pflicht, Betroffene ausführlich aufzuklären und zu informieren.“


Da Kristina Hänel und ihre Kollegen und Kolleginnen nicht mehr öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen, folgen hier die wichtigsten Infos:


Gesetzliche Voraussetzungen:


In Deutschland ist durch den Paragrafen 218a des Strafgesetzbuches geregelt, dass ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen möglich ist, sofern eine Schwangerschaftskonfliktberatung stattgefunden hat. Der Abbruch ist dann zwar nicht mehr strafbar, wird vom Gesetzgeber aber dennoch als „verwerflich und rechtswidrig“ eingestuft. Die schwangere Person muss dem Arzt/der Ärztin durch eine Bescheinigung nachweisen, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen.

Die Beratung kann zum Beispiel durch ProFamila oder einer städtischen Beratungsstelle erfolgen. Bei einer medizinischen oder kriminologischen Indikation nach § 218a StGB muss sie eine schriftliche ärztliche Bescheinigung vorlegen.


Das wird vor dem Abbruch benötigt:

  • Beratungsschein über die durchgeführte Beratung oder Indikation

  • Evtl. Blutgruppennachweis

  • Versichertenkarte

  • Überweisung des Frauenarztes/der Frauenärztin

  • Evtl. Kostenübernahmebescheinigung der Krankenkasse, in der Regel jedoch Bargeld (350 bis 600 Euro, abhängig von der Methode)

  • Bequeme Kleidung, Damenbinden, Socken, Begleitperson


Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs:


Chirurgischer Abbruch


Ein Abbruch kann durch lokale Betäubung erfolgen oder durch eine Vollnarkose (häufiger). Meistens schluckt die schwangere Person kurz vor dem Eingriff Medikamente, die den Uterus vorbereiten.

Bei einer lokalen Betäubung gibt der Arzt/die Ärztin das Betäubungsmittel in den Muttermund, was überwiegend als schmerzfrei empfunden wird. Die Vollnarkose hingegen leitet ein Anästhesist/eine Anästhesistin ein mittels einer Spritze in die Armvene.

Sobald die Patientin bzw. die schwangere Person eingeschlafen ist, öffnet der Arzt/die Ärztin den Muttermund mit Dehnungsstäbchen, sodass das Schwangerschaftsgewebe mit einem Plastikröhrchen abgesaugt werden kann. Auch die obere Schleimhautschicht wird entfernt, die normalerweise bei der Menstruation abblutet. Das Absaugen dauert nur wenige Minuten. Danach zieht sich die Gebärmutter zusammen, um die Blutung zu stoppen. Das Gefühl ist ähnlich einer Menstruation oder den Nachwehen nach einer Entbindung. Der Arzt/die Ärztin kontrolliert daraufhin sowohl die Gebärmutter als auch das abgesaugte Gewebe. Nach rund fünfzehn Minuten ist der Abbruch beendet und die Patientin/Person erholt sich im Ruheraum.


Eventuelle Nebenwirkungen sind zum Beispiel Entzündungen der Unterleibsorgane, allergische Reaktionen auf Medikamente oder Verletzungen der Gebärmutter.


Medikamentöser Abbruch


Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland nur bis zum 63. Tag möglich. Ein künstliches Hormon (Mifepriston) blockiert die Wirkung des Gelbkörperhormons (Progesteron), das wiederum an der Entwicklung und Erhaltung der Schwangerschaft beteiligt ist. Überdies bewirkt Mifepriston, dass sich die Gebärmutterschleimhaut und der Fruchtsack mit dem Embryo ablösen. Zwei Termine sind dafür nötig, und zwar unter fachärztlicher Aufsicht.


Beim ersten Besuch untersucht der Arzt/die Ärztin die schwangere Person per Ultraschall. Danach werden drei Tabletten des Medikamentes eingenommen. Oft erfolgt bereits am nächsten Tag die Blutung.


Beim zweiten Besuch (36 bis 48 Stunden später) müssen mehrere Tabletten (Prostaglandin) geschluckt werden, um die Ausstoßung des Schwangerschaftsgewebes anzuregen. Die Patientin/Person verbleibt drei bis vier Stunden in der Praxis, in denen meist Kontraktionen und Blutungen einsetzen und die Fruchtblase ausgestoßen wird. Bei jeder vierten Frau/Person setzen die Blutungen allerdings erst nach 24 Stunden ein, was jedoch kein Grund zur Beunruhigung ist.


Eventuelle Nebenwirkungen sind zum Beispiel Unterleibsschmerzen, Übelkeit, Erbrechen. Bei 1-4% versagt die Methode und ein chirurgischer Abbruch ist notwendig.


Randnotiz:


Entgegen der landläufigen Meinung, dass die Betroffenen ihre Entscheidung später bedauern könnten, fühlen sich die allermeisten Frauen/Personen nach einem selbstbestimmten Abbruch sehr erleichtert und bereuen ihren Entschluss nicht.


Weitere Infos:


ProFamilia

www.familienplanung.de


Liste der Bundesärztekammer

Doctors for Choice Germany


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