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  • AutorenbildLutz Jäkel

Farbig? Schwarz. POC.

Gesellschaft und damit auch Sprache wandeln sich, sie werden, hoffentlich, sensibler. Es sollte daher nicht schwer fallen, eigene Begrifflichkeiten zu hinterfragen und neue anzunehmen.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich als Kind Mohrenkopf gesagt habe. Und ich fürchte, ich habe auch N***kuss gesagt. Überhaupt gibt es Worte oder Wortspiele, die ich hier gar nicht zitieren möchte, weil ich kaum glauben kann, dass es Zeiten gab, in denen "man" das halt so sagte. In meinem Fall ist das etwa vierzig Jahre her. Ich bin jetzt fünfzig.

Aber Gesellschaft und damit auch Sprache wandeln sich, sie werden, hoffentlich, sensibler. Es sollte daher nicht schwer fallen, eigene Begrifflichkeiten zu hinterfragen und neue anzunehmen.

Ich finde es also gar nicht schlimm, wenn nicht jeder weiß, dass *Farbige* nicht mehr im aktuellen Diskurs zum Thema Rassismus verwendet werden soll. Auch nicht jeder kennt die Abkürzung PoC. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht mehr, seit wann genau ich diese Begrifflichkeit verwende. Aber: Es ist noch nicht so lange her...

Was ich schwierig finde, ist, wenn jemand schreibt: "Farbig habe ich noch nie gesagt, und auch PoC kommt in meinem Wortschatz nicht vor." Im Diskurs zum Thema Rassismus sind Schwarze, Weiße, PoC oder auch BPoC (Black and People of Color) zur politisch (!) konnotierten Unterscheidung weit verbreitet.

Man macht nichts verkehrt, wenn man diese Begrifflichkeiten annimmt. Im Gegenteil.

Überhaupt meine ich, dass es z.b. mir als weißen Mann ohne Migrationsgeschichte mit sehr deutschen Namen nicht ansteht, darüber zu diskutieren, ob ich diese Begrifflichkeiten gut finde oder nicht. Wenn Menschen von Diskriminierung und Rassismus betroffen sind, und das sind nun mal Schwarze und PoC, sie mehrheitlich für sich diese Begrifflichkeiten als politische Selbstbezeichnung annehmen - und z.B. "Farbige" ablehnen - dann ist das so. Dann werde ich das als Weißer nicht diskutieren.

Nicht wenige Weiße tun aber genau das. Warum?

Daher noch mal ein paar Erklärungen zu den Begrifflichkeiten mit weiterführenden Links:

◾️ People of Color (PoC)

ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß, deutsch und westlich wahrgenommen werden und sich auch selbst nicht so definieren. PoC sind nicht unbedingt Teil der afrikanischen Diaspora, ursprünglich ist der Begriff u.a. zur Solidarisierung mit Schwarzen Menschen entstanden. Schwarz und weiß sind dabei politische Begriffe. Es geht nicht um Hautfarben, sondern um die Benennung von Rassismus und den Machtverhältnissen in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft. Inzwischen wird häufiger von BPoC (Black and People of Color) gesprochen, um Schwarze Menschen ausdrücklich einzuschließen. Etwas seltener kommt hierzulande die Erweiterung BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) vor, die explizit auch indigene Menschen mit einbezieht. Singular: Person of Color. (Quelle: https://glossar.neuemedienmacher.de/gl…/people-of-color-poc/)

◾️ Farbige/farbig

Farbige/farbig ist ein kolonialistischer Begriff und negativ konnotiert. Eine Alternative ist die Selbstbezeichnung People of Color (PoC, Singular: Person of Color). Begriffe wie "Farbige" oder "Dunkelhäutige" lehnen viele People of Color ab. Die Initiative "der braune mob e. V." schreibt: "Es geht nicht um 'biologische' Eigenschaften, sondern gesellschaftspolitische Zugehörigkeiten." Um das deutlich zu machen, plädieren sie und andere dafür, die Zuschreibungen Schwarz und Weiß groß zu schreiben. Eine alternative Schreibweise ist, weiß klein und kursiv zu schreiben. (Quelle: https://www.amnesty.de/…/glossar-fuer-diskriminierungssensi…)

◾️ Schwarze Menschen

Schwarze Menschen ist eine Selbstbezeichnung und beschreibt eine von Rassismus betroffene gesellschaftliche Position. Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um ein konstruiertes Zuordnungsmuster handelt und keine reelle Eigenschaft, die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist. So bedeutet Schwarz-Sein in diesem Kontext nicht, einer tatsächlichen oder angenommenen 'ethnischen Gruppe' zugeordnet zu werden, sondern ist auch mit der gemeinsamen Rassismuserfahrung verbunden, auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen zu werden. https://www.amnesty.de/…/glossar-fuer-diskriminierungssensi… Und schließlich der Begriff Rassismus selbst, denn beispielsweise im sogenannten islamkritischen Diskurs wird nicht selten behauptet, solche Kritik am Islam könne nicht rassistisch sein, weil der Islam keine Rasse sei. Das ist falsch, denn Rassismus bezieht sich natürlich nicht nur auf die Hautfarbe (wird ja schon durch obige Definitionen klar):

◾️ Rassismus

ist, wenn strukturell benachteiligte Gruppen oder einzelne Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher körperlicher oder kultureller Merkmale (z. B. Hautfarbe, Herkunft, Sprache, Religion) pauschal abgewertet und ausgegrenzt werden. Beim klassischen Rassismus wird eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit wegen vermeintlicher biologischer Unterschiede behauptet. Im Kulturrassismus wird die Ungleichheit und Ungleichwertigkeit mit angeblichen Unterschieden zwischen den »Kulturen« zu begründen versucht. (Quelle: https://glossar.neuemedienmacher.de/glossar/rassismus/)

Auch eine gute Quelle zum Thema:

Lesenswerte Literatur:

Tupoka Ogette: Exit Racism (https://www.exitracism.de/). Gerade gelesen, werde ich bald mal besprechen.

Alice Hasters: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen (https://www.hanser-literaturverlage.de/…/was-weisse-mensche…).

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