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  • AutorenbildLutz Jäkel

15. März 2011 - 24. Februar 2022


15. März 2011. Das Datum wird nicht allzu vielen Menschen etwas sagen. Und doch ist es historisch genauso bedeutend, wie es der 24. Februar 2022 sein wird.

Der 24. Februar 2022 ist der Tag des russischen Überfallkrieges auf die Ukraine. Der 15. März 2011 gilt als der Beginn des Krieges in Syrien. Beide historische Ereignisse zeigen Parallelen, aber auch klar Unterschiede.

Heute vor 11 Jahren gingen Hunderte von Syrerinnen und Syrer auf die Straße, für Freiheit, für Selbstbestimmung, für Reformen, für Menschenwürde. Gegen Willkür, gegen Gewalt, gegen Unterdrückung, gegen Folter. Diese Demonstrationen wurden von Anfang an brutal durch das syrische Regime unterdrückt. Es folgte ein fürchterlicher Krieg.

Nach nunmehr elf Jahren ist dieser Krieg noch immer nicht vorbei, die Bilanz ist bitter, grausam. Nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen sind etwa 500.000 Menschen, darunter viele Kinder, ums Leben gekommen. Insgesamt sind von den einst 22 Millionen Einwohnern Syriens rund 12.000.000 Menschen auf der Flucht, 6.000.000 innerhalb des Landes, 6.000.000 sind ins Ausland geflohen. Davon übrigens nur eine Minderheit nach Europa, die meisten leben in Flüchtlingslagern in der Türkei, im Libanon und in Jordanien. Diese Fluchtbewegungen zählen zu den größten Flüchtlingskrisen weltweit.

Die humanitäre Situation im gesamten Land ist katastrophal. Dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen zufolge, können in Syrien mehr als 12.000.000 Menschen nicht ausreichend mit Lebensmitteln versorgt werden. 12.000.000 Menschen.

Die furchtbare Realität ist, dass die menschenverachtende Diktatur Baschar al-Assads noch immer an der Macht ist. Die Gründe also, warum so viele Menschen in Syrien vor elf Jahren auf die Straße gegangen sind, bestehen noch immer fort. Vor allem dank eines Mannes: Wladimir Putin. Ohne die militärische Hilfe Russlands und auch des Iran, wäre das syrische Regime vermutlich schon Geschichte. Nicht erst seit dem Russland-Krieg in der Ukraine klebt Blut an den Händen Putins. Sondern schon seit Jahren durch die Intervention in Syrien.

Was vor Jahren in Syrien mit Bombardements unter anderem mit russischen Waffen auf Aleppo, auf Krankenhäuser, Schulen, Wohnviertel, Märkte begann, setzt sich nun ebenso brutal und menschenverachtend in der Ukraine fort. Das sind Kriegsverbrechen. Die Welt hätte es wissen können.

Und um einen perfiden Narrativ entgegenzutreten, wonach angeblich so viele ukrainische Männer sich dem Kampf stellten, viele syrische Männer aber ihr Land im Stich ließen, flohen und damit Feiglinge seien: Mal abgesehen davon, dass auch Männer selbstverständlich vor Krieg fliehen dürfen, gibt es einen entscheidenden Unterschied: In Europa hat ein Land ein anderes Land militärisch angegriffen und möchte es auslöschen. Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Dieser Überfall setzt ganz besondere Verteidigungsmechanismen innerhalb der Bevölkerung in Gang (nicht zu vergessen, dass in der Ukraine Männer zwischen 18 und 60 Jahren nicht fliehen dürfen, sondern zum Wehrdienst eingezogen werden!). Und dieser Verteidigungskampf wird ideologisch und auch militärisch von vielen Staaten Europas und auch außerhalb Europas massiv unterstützt.

In Syrien kämpft ein brutaler Machthaber mit Hilfe russischer und iranischer Unterstützung gegen sein eigenes Volk. Gezielt durch dieses Regime, aber auch durch Einflussnahme ausländischer Mächte wurde und wird die syrische Gesellschaft fragmentiert. Der Verteidigungskampf vor allem durch zivilgesellschaftliche Bevölkerungsteile wird kaum unterstützt, stattdessen gab es im Rahmen der Internationalen Koalition vor allem ein gemeinsames Vorgehen gegen die islamistische Gefahr, allen voran gegen die Terrormiliz IS. Denn die Islamisten bedrohten auch Europa. Der Widerstand durch die Zivilgesellschaft blieb dabei oftmals auf der Strecke.

Gefühlt ist der Krieg in Syrien für viele Menschen in Europa ohnehin weit weg. Dabei grenzt das Land ans Mittelmeer.


Man kann es auch so sagen: Die Ukrainerinnen und Ukrainer haben mit ihrem Präsidenten Selenskyj einen heldenhaften Präsidenten gegen einen gemeinsamen Feind von außen. Die Syrerinnen und Syrer haben einen brutalen Diktator, der in seinem eigenen Volk den Feind sieht. Ukrainer und Syrer kämpfen in einem ganz anderen Krieg. Nur das Ziel ist dasselbe: Leben in Freiheit und Frieden.

Und der, der entscheidend dazu beiträgt, dass die Menschen weder in der Ukraine noch in Syrien in Freiheit und Frieden leben können, heißt Wladimir Putin.

Und der Jemen? Dort jährt sich bald zum siebten Mal der Krieg. Mehr als 20.000.000 Menschen sind dort auf humanitäre Hilfe angewiesen, mehr als 4.000.000 Menschen sind dort innerhalb des Landes auf der Flucht vor der Gewalt, fast achtzig Prozent von ihnen sind Frauen und Kinder! Der Jemen fällt komplett durch das mediale Raster. Eine humanitäre Katastrophe außerhalb des Sichtfeldes der Welt.

Stoppt die Kriege! Überall. #StopPutin #StopPutinNOW #standwithukriane #StandWithSyria #Ukraine #Syrien #Jemen Lesenswerte Informationen über zivilgesellschaftliche Projekte in Syrien bieten die Aktivist:innen von Adopt a Revolution. Text © Lutz Jäkel Fotos © Christian Werner

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